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Анастасий Грюн "Пять Пасх" по-немецки

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Fünf Ostern

1

 Im Orient, wo – wie aus blüh'ndem Hage

Ein spielend Kinderpaar rothwangig grüßt –

Das heit're Märchen und die sinn'ge Sage

In Rosenwäldern zwischen Blumen sprießt,

 

 Dort gibt manch rauher Hirte dir die Kunde:

Es walle Jesus Christus, ungesehn,

Zu Ostern jährlich um die Morgenstunde

Im Auferstehungskleid auf Oelbergs Höhn

 

 Und seh' hinab nach seines Wandelns Thale,

Das ihm ein Kreuz und Leichentuch einst wies;

Wo Zion stolz geprangt im goldnen Strahle,

Granitnes Bollwerk, das sein Fluch zerblies!

 

 Und Ostern war es einst; der Herr sah nieder

Zur kahlen Flur, verödet und ergraut,

Rings Trümmer, Asch' und Staub und Trümmer wieder

Und Schutt auf Schutt, soweit das Auge schaut!

 

 Er weiß, es sind dieß nur die wirren Schollen

Durchwühlten, neugepflügten Ackerlands,

Wo einst die Saatenwogen fluthen sollen,

Und winden sich der goldne Garbenkranz!

 

 Er sieht daraus den Baum der neuen Lehre

Mit tiefer Wurzel, ries'gem Säulenschaft

Sich steigend wölben über Land und Meere

Und weithin streuen Schatten, Früchte, Kraft!

 

 Des Tods Triumphzug ging durch diese Gründe,

Rings keine Spur von eines Menschen Pfad,

Kein Vogel singt, es rauscht kein Blatt im Winde,

Es weht kein Halm, es grünet keine Saat.

 

 Daß doppelt groß der Sieg des Todesrage,

Lebt spärlich hier noch Eines Lebens Schein:

Es seufzt, wie eines Dichters Leichenklage,

Des Kedrons Quelle zischend durchs Gestein:

 

 »Einst streckt' ich wohlbehaglich meine Glieder

Im Blüthenpfühl, auf weichem Silberkies,

Bis von Moria's alter Veste nieder

In meinen Schooß der Sturm die Trümmer stieß!

 

 Nun ich den Leib von Stein an Steine trage,

Muß ich wohl ächzen laut vor Schmerz und Zorn;

Nun die Gelenk' an Trümmernwund ich schlage,

Ist, gleich als blut' er, jetzt so roth mein Born.

 

Mein Born, so klar einst, weisend noch als Spiegel

Der Kön'ge Burg, den Tempel gottverklärt,

Palastbesäte, wallumkränzte Hügel

Und auch ein Volk, einst solcher Fülle werth!

 

 O daß sich am Gestein zu Scherben schlüge

Der Spiegel, dem einst Solches ward zu schaun,

Auf daß dieß Bild des Tods er nimmer trüge,

Dieß Bild verdorrter Fluren, voll von Graun,

 

 Der Fluren, die bluttrunken als Hyäne

Der Menschen Besten, Titus, würgend sahn!

Ob er auch Abends da geweint die Thräne:

Nicht sei des Guten heut genug gethan?

 

 Ob, als er trümmerfroh sein Beil ließ schimmern,

Die Hand ihm niemals bebte, ahnungsvoll:

Daß seine Mutter Rom von Zions Trümmern

Gesteinigt einst, erschlagen werden soll?

 

 Nicht ahnt' er's! Denn dem Meere der Verheerung

Geböt' er wohl zu zügeln sonst die Wuth,

Statt daß er, ein Neptunus der Zerstörung,

Rings aufbeschwor zum Sturm der Wogen Fluth!

 

 Ha, wie des Gottesfluches Worte, liegen

Gestein und Leichen übers Thal gesät,

Darüber Roma's Aar in Siegesflügen

Als Leichenrabe, schwarzen Fittigs, weht.

 

 Hier lag sie einst, die Königin der Städte,

Der Hügel vier bedeckt' ihr Riesenleib,

Vier goldnen Pfosten gleich am Königsbette,

Drauf ruht im Sonnenkleid das hohe Weib.

 

 Fruchtreiche Gärten, ihr zu Füßen, standen

Als Blumenvasen rings ums Bett gereiht,

Und neben ihr die Palmenhügel sandten

Ihr Kühlung zu aus Fächern, grün und breit.

 

 Des goldnen Tempels Kuppel krönte glänzend

Als heil'ge Krone ihrer Stirne Saum:

Nur Eine Kron', ein Königshaupt bekränzend!

Ein Tempel Gottes nur im Erdenraum!

 

 Und ihre beiden lichten, schönen Augen:

Die Söhn' und Töchter waren's ihres Lands;

Wer mag den Preis der Zwei zu richten taugen?

Wer sagt es, welches glomm in schön'rem Glanz?

 

 Den edlen Bau der königlichen Glieder

Hielt ihr ein dreifach Bollwerk fest umspannt,

Gleichwie von Gold und Erz ein schimmernd Mieder,

Um das ich mich als Demantgürtel wand.

 

 Da liegt sie nun, die größte aller Leichen!

Vom Haupt fiel ihr die Kron' und barst am Stein!

Der Quadern Trümmer rings, die fahlen, bleichen,

Sind ihres Leibs zerfallenes Gebein!

 

 Die Gräber nur, die sie in Fels einst hieben,

Sie halten jetzt noch, wie seit Jahren schon;

Sie sind rings um dieß große Grab geblieben,

Termitenhügel um den Libanon!

 

 Und als der alte Bau zusammenkrachte,

Flog weit des Staubes Wolke, riesengroß,

Daß grau die Flur jetzt, die so grün einst lachte,

Und grauen Schleier trägt das ärmste Moos!

 

 Da floh des Volkes Rest, lebend'ge Leichen,

Todt ohne Tempel, Satzung, Vaterland!

Da sah ich Baum und Strauch weithin erbleichen

Und morsch aufs Antlitz sinken in den Sand!

 

 Fort flogen da der Büsche Nachtigallen,

Die Vögel all', weit übers ferne Meer;

Nicht ziemt es ihrem freud'gen Lied, zu schallen,

Wo Alles schweigt und trauert rings umher.

 

 Fort zogen da die Rosen auch nach ihnen,

Bis an das blaue Meer, das: Halt! gebot;

Da blühn sie, gaukelnd, nun die reichen, grünen

Gestad' entlang, ein Blumenmorgenroth!

 

 Fort zogen auch die bunten Jahreszeiten;

Kein Lenz ist, wo nichts keimt, nichts grünt und glüht,

Es will kein Herbst die kahle Flur durchschreiten,

Denn kein Verwelken gibt's, wo nichts geblüht.

 

 Fort alle Farben, fort auch alle Töne,

Und alles, alles Leben fortgedrängt!

Ich blieb allein zurück als eine Thräne,

Die an dem Auge der Vernichtung hängt.«

 

2

 Und wieder Ostern war es einst, und wieder

Sah Christus von des Oelbergs Höhn zu Thal;

Auf alle Fluren sank der Lenz schon nieder,

Nur hier blieb Alles wüst und grau und kahl.

 

 Gleich wie die Schwalbe wohl die Brandesstelle

Des einst so schönen Hauses bang umschwebt

Und doch, ob mitverbrannt auch ihre Zelle,

Das neue Nestchen an die Trümmer klebt;

 

 So wagte mählich an die Trümmerreste

Der Mensch sich wieder hier, und ins Gestein

Baut' er sich Hütten, Häuser und Paläste,

Bis er es wachsend sah zur Stadt gedeihn.

 

 Und wie manch Samenkorn, manch Stäubchen Erde

Der Wind aufs öde Brandgemäuer weht,

Daß aus der Todesasche Leben werde,

Wenn Moos und Strauch darüber grünend steht;

 

 So wollte hier der Mensch zum Gärtlein schmücken

Mit Erde reich'rer Fluren diesen Sand

Und trug ein Stücklein Lenzes auf dem Rücken

Ins öde Thal, daraus ihn Gott verbannt.

 

 Wenn Einer wallt am Kirchhof durch der Brüder

Zerfallne Leichen, Stein vorbei zu Stein,

Kalt rieselt der Gedank' ums Haupt ihm nieder:

Staub war'st du einst, Staub wirst du wieder sein!

 

 Wenn diese Stadt ihr Auge wollte lenken

Auf Schutt und Trümmer rings, draus ihr Entstehn,

Sie müßte auch wie jener Wandrer denken:

Du wardst aus Trümmern, wirst in Trümmer gehn!

 

 Sie denkt es nicht! Denn, horch! von ihren Zinnen

Schallt freudighell der Glocken voller Klang.

Wer fröhlich singt, mag nicht des Sterbens sinnen,

Und Glocken sind der Städte Lied und Sang.

 

 Dort um den Dom aus grauem Felsgesteine,

Drin in den Hallen, draußen im Gefild

Schaart sich in Helm und Panzer die Gemeine

Kampfrüst'ger, eh'rner Männer, rauh und wild.

 

 Wie all' die Speer' aufs Marmorpflaster klirren!

Wie muthig draußen wiehert Pferd an Pferd!

Und Panzer glänzen, farb'ge Banner schwirren,

An jeder Lende hängt ein rasselnd Schwert.

 

 Ha, liegen sie im Krieg mit ihrem Gotte,

Daß sie in Erz umlagern rings sein Haus?

Ha, will den Himmel stürmen gar die Rotte,

Daß sie zum Tempel zieht gewaffnet aus?

 

 Doch nein! Wie sie in Demut plötzlich nieder

Beim Orgelklang auf ihre Knie saust!

Es beugt das Haupt sich und die stolzen Glieder,

Und reuig schlägt ans Herz die Eisenfaust.

 

 Das Christuskreuz, das heil'ge, seh' ich ragen

Hoch von des Domes Kuppeln, licht und frei,

Die Männer auch es All' am Busen tragen:

O daß auch er ein Dom des Gottes sei!

 

 Sie hefteten in Farben aller Arten

Das Kreuz auf ihre Kriegesmäntel sich,

Wie wandelnde, lebend'ge Kreuzstandarten,

Zur Huldigung gesenkt jetzt feierlich.

 

 Wie am Altar, wo tausend Ampeln flimmern,

Der Priester jetzt das Brod des Opfers bricht,

Seh' roth von Blut ich seine Hände schimmern,

Und traun, mich dünkt's, von Christi Blut ist's nicht!

 

 Wie er beim Sanctus schlug der Brust entgegen,

Da klang ein Panzer unter'm Meßgewand,

Und statt des Weihbrunnsprengels dann beim Segen

Schwang fast sein Schwert er, das daneben stand.

 

 Zunächst am Altar, andachtsvoll geneiget,

Im sammtnen Betstuhl kniet ein Mann allein,

Vor Allen schön, selbst schön, aufs Knie gebeuget,

Fürwahr, noch schöner müßt' er aufrecht sein!

 

 Des Mann's Gebet gleicht seinen heim'schen Eichen,

Die, stolz sonst fühlend ihres Marks Gewalt,

In Demut doch die Wipfel niederstreichen,

Wenn Sturm, die Orgel Gottes, drüber hallt:

 

 »Vollbracht ist's! – Ach, wie alles Menschenstreben!

Kein Stein, drum nicht schon kämpfte Menschenwuth,

Kein Strauch, an dem nicht Menschenthränen kleben,

Kein Stäubchen Land, an dem nicht Menschenblut!

 

 Wir knien jetzt an dem Grab, auf das in Thränen

Die Christenheit längst hielt den Blick gebannt,

So wie die Sonnenblume, die mit Sehnen

Gen Aufgang hält das Angesicht gewandt.

 

 Aus Blumen aller Zonen reich gewunden,

Ein Todtenkranz, sich senkend auf dein Grab,

So sind die Lande all' in uns verbunden,

Sich beugend, Herr, zu deiner Gruft hinab.

 

 Das Kreuz, in dieses Thal einst starrend nieder,

Der Schande, Schmach und Unthat blut'ger Pfahl,

Auf Golgatha erhöhten jetzt wir's wieder,

Glanzvoll und hoch, des Sieges herrlich Mal!

 

 Von aller Kön'ge Kronen, allen Fahnen,

In alles Land, von allen Bergen dar,

Auf allen Masten, allen Ozeanen

Strahlt glorreich jetzt, was einst ein Galgen war!

 

 Sein Zeichen muß jetzt Heldenpanzer schmücken,

Auf Domen flammen, hoch in Glanz und Pracht,

Als schönster Schmuck am Frauenbusen nicken

Und siegreich rauschen im Panier der Schlacht!

 

 Als wir erhöht dein Mal in jenen Räumen,

Erhöhten, ach, wir selbst uns nebenbei,

Wie Priester, wenn sie Kön'ge salben, träumen,

Daß ihrer Huld Geschenk die Krone sei.

 

 Sie brachten mir den Purpur, mich zu kleiden!

Nicht färbte roth die Schnecke Sidons ihn;

Ob dreifach auch getaucht ins Blut der Heiden,

Doch bleicht er grau einst, wie dieß Thal, dahin.

 

 Sie kränzten mich mit blankem Kronenbande!

Ob dreifach auch durchglüht sein goldnes Laub

In jener Städt' und Hütten rothem Brande,

Doch fällt, wie dieser Schutt, sie einst zu Staub.

 

 Nur Eine Krone wird hier ewig glänzen

Und ewig leuchten über'm Thale hier:

Sie ward geflochten einst aus Dornenkränzen!

Weh, daß die Kron' ich trage neben ihr!

 

 Wohl hat kein Echo Gott dem Thal gegeben,

Daß Psalm und Glocke lautlos uns verklingt!

Des Opfers Rauch will nicht zum Himmel schweben;

Wie kommt's, daß kriechend er am Boden ringt?

 

 Ha, seh' ich die Gemeine, die zum Feste

Statt grüner Palmen blut'ge Schwerter trug,

Da ahn' ich hier auch Kains Opferreste,

Der seinen Bruder argen Grimms erschlug.

 

 Da ahn' ichs, rings von allen Stirnen grelle

Muß auch des Brudermörders Blutmal schrein!

Ach, wär' ich jener Pilger an der Schwelle

Und trüg' ein Herz, wie er, so still und rein!

 

 Wer trug ihn über die Gebirgesheere?

Wer reicht' an Schwindelstegen ihm die Hand?

Wer lehrt' ihn schwimmen durch die weiten Meere?

Der hohe Glaube war's, der ihn gesandt!

 

 Und sänk' er in dem Meer, es trüg' die Welle

Doch seine Leiche an den heil'gen Strand!

Und stürb' im Wandern er, sein Antlitz helle

Hielt ihm der Glaube, liebend, hingewandt!

 

 Sein Pilgerstab vernahm kein Menschenröcheln,

Es trank kein Blut sein härener Talar;

Wie Fittige die heiße Stirn umfächeln,

So weht ihm linden Trost der Glaube dar.

 

 O daß mir keine Kron' am Haupte glühte,

Gleich ihm nur Muschelschalen an dem Hut!

Leer sind die Muscheln, da ihm im Gemüthe

Tiefinnen hell des Glaubens Perle ruht.

 

 O läg' mein Haupt, wie sein's, am Schwellensteine,

In lichte Träume sterbend eingewiegt!

Die bleiche Lilie sinkt im Erdenhaine,

Der Glaube zu den Himmelssternen fliegt.«

 

3

 Und wieder Ostern war's, vom Oelberg wieder

Sah Christus in das Thal zur Stadt hinab;

Das Kreuz, gestürzt ist's von den Zinnen nieder,

Nur eins steht schüchtern noch ob seinem Grab.

 

 Hoch von Moscheenkuppeln, Minareten

Prangt goldnen Strahls der Halbmond übers Land;

Der Ruf des Muezins gebeut zu beten,

Wo stolz einst Salomonis Tempel stand.

 

 Dem Stein gilt's gleich, welch Zeichen man ihm wählte,

Ob er als Tempel, Dom, Moschee euch dien';

Vom Menschen lernt' er's ab, daß gleich ihm's gelte,

Tritt Mönch, Levite oder Derwisch ihn.

 

 Der Moslim riß herab aus Himmelsfernen

Den Mond, zu schmücken seinen Erdenraum;

Der Christ hob von der Erde zu den Sternen

Sein Kreuz, gezimmert nur aus ird'schem Baum.

 

 Zerstäubt, vermodert längst des Kreuzes Fechter.

Kein Psalm, kein Glockenklang in weiter Luft!

Nur Mönche blieben, hütend noch als Wächter,

Wie treue Doggen, ihres Herren Gruft.

 

 Dieß leere Grab, sie kauften es mit Golde,

Krambuden schlug der Heide drinnen auf;

Dem müden Pilger beut um schnöde Solde

Er Platz für seine beiden Knie' zu Kauf.

 

 Der Ostern Fest ist's heut! Auf allen Bahnen

Ziehn fromme Christenpilger wohl heran,

Durch alle Lande reiche Karavanen

Und rüst'ge Schiff auf aller Meere Plan?

 

 Nein! Oed' und leer sind noch des Domes Hallen,

Darin zerstreut nur einzle Beter knien!

Vielleicht daß draußen noch vor'm Thor sie wallen?

Blick' um dich, Auge, wo die Wandrer ziehn?

 

 Kein Pilger hier! Nur Beduinen jagen

Auf flinken Rossen durch das Haideland;

Kein Pilger dort! Die Christenschiffe tragen

Des Kaufherrn Gold und Ballen nur zum Strand.

 

 Sieh dort bemoost vier Trümmerwände ragen,

Längst eingebrochen ist Gewölb' und Dach;

Ein Kirchlein Gottes war's in alten Tagen,

Jetzt stürzt es mählich seinen Bauherrn nach.

 

 Es sprießen grüne Terebinthen drinnen,

Sie stehn die letzten, treuen Beter hier,

Es wölbt ihr Laub zu Kuppeln sich und Zinnen,

Es ragen ihre Stämm' als Säulenzier.

 

 In ihrem Schatten ruht ein müder Waller,

Olivenfarbe trägt sein Angesicht,

Wahrzeichen trägt auch er der Pilger aller:

Den Stab und Staub, – doch Christi Zeichen nicht!

 

 Er ist ein Körnlein jener Handvoll Samen,

Die einst der Sturm von diesem Boden hob

Und in die Länder sä'te aller Namen

Und weit hinaus in alle Winde stob!

 

 Ein Jude ist's, ein Ast vom Wunderstamme,

Gefällt, zerschmettert längst, doch nicht verdorrt!

Des Markes Kern versenkt von Blitzesflamme,

Des Wipfels Zweige grünend fort und fort!

 

 Und wie ums Haupt beim Laubeswehn ihm schwanken

Bald Sonnenlichter, bald die Schatten dicht,

So gaukeln drin die Bilder und Gedanken,

Bald mitternächtig schwarz, bald sonnenlicht:

 

 »Die Lerche steuert pilgernd in den Lüften

Dem Lenze nach und seiner Blüthenspur;

Der Hirte wandert von enthalmten Triften

Zu frischem Weideplatz auf reichrer Flur.

 

 Nicht, gleich der Lerche, folg' ich Frühlingsspuren,

Und doch wie sie, so wandr' ich fort und fort!

Nicht, gleich dem Hirten, such' ich schönre Fluren,

Und doch wie er bin ich bald hier, bald dort!

 

 Der Hirsch, den ihr mit Hunden ließet hetzen,

Der rennt durch Büsch' und Felder fort und fort;

Er rennt noch immer fort in scheuen Sätzen,

Wenn Treibers Hand und Ruthe längst verdorrt!

 

 Ich säe nicht, ich pflüge keinen Boden,

Mich schreckt kein Hagel, denn ich ernte nicht.

Doch bent mir jedes Land von seinen Broden,

Und meinem Durste nie der Quell gebricht!

 

 Des Nordens Eiche und des Südens Palme

Hat um das Haupt schon Schatten mir gestreut;

Der Wüste Sand, der Alpen duft'ge Halme,

Sie halten mir des Schlummers Bett bereit.

 

 Ich wohn' in engen Gassen, dunklen Schlüften,

Wohin der Christ uns aus den Städten stieß;

Er ahnt es nicht, wie selbst in Drachenklüften

Des Weibes Kuß, des Kindes Lächeln süß!

 

 Ich lerne keine von den Sprachen allen,

Nur meine trag' ich durch die ganze Welt;

Natur der Staare ist's, die Sprache lallen

Des Peinigers, der sie gefangen hält.

 

 Mir blüht kein Vaterland! Die Brüder ringen

Durchs Leben sich, zerstreut, im Wandrerkleid!

Und doch sind wir ein Volk! In Eins verschlingen

Gemeinsam Elend uns, gemeinsam Leid!

 

 Vom Manne, der nicht sterben kann, die Sage

Lallt manch ein Christenkind, vom Ahasver.

Es wallt vorbei der Völker Sarkophage

Mein Volk, unsterblich, thränenlos, wie er!

 

 Nicht weiß ich's, dämmern uns des Fluchs Gerichte,

Strahlt Segen uns aus der Geschicke Buch?

Auf unsrer Töchter schönem Angesichte

Les' ich sogar den leisen Hauch von Fluch!

 

 Pflanzt in den Süd ein Reis von Nordens Tannen,

Wenn's nicht verdorrt, sprießt's doppelt grün und groß;

Wollt in den Nord ihr Südens Lorber bannen,

Erfriert er nicht, verkrüppelt doch sein Sproß.

 

 In allen Zonen doch, Gepräg' aus Steine,

In Farb' und Bildung bleibt mein Antlitz gleich;

So heiß ist Südens Brand nicht, daß er's bräune,

So kalt kein Norden, daß er's tünche bleich!

 

 Die Christen sahn's, da mocht' es ihnen dünken,

Es sei wohl eisenfest auch unser Leib,

Daß unser Blut ihr Schwert sie ließen trinken,

Uns niederdolchten Greis und Kind und Weib!

 

 Die Christen sahn's, und unsres Leibes Glieder

Hielt da wohl auch für feuerfest ihr Wahn,

Daß sie uns Haus und Hütten brannten nieder

Und unter uns den Holzstoß schürten an!

 

 Was zürnen sie? Weil einst, was noch sie üben,

Gerichtet einen Sünder wir nach Fug!

Wenn das er lehrte, was sie thun und trieben,

Traun, war's kein Unrecht, was ans Kreuz ihn schlug!

 

 Ihr schmäht, daß wir den Blick zum Mammon wenden;

Wie wir ihn suchen, suchet ihn auch ihr.

Nur tappt ihr plump nach ihm mit schweren Händen,

Mit leichter Wünschelruthe winken wir.

 

Verachtet mich, doch will Triumph ich stimmen!

Zertritt mich, Christ, wie einen Wurm der Flur!

Muß ich mich unter deinen Sohlen krümmen,

Ist's doch vor Schmerz nicht, nein, vor Wollust nur!

 

 Voll Lust ja denk' ich's unter deinen Füßen,

Wie deines Priesters halb du bist, halb mein;

Wie wir uns Beid' in dich zu theilen wissen,

Sein soll das Jenseits, mein das Diesseits sein!

 

 Ich denk's, daß meines Volks ein Mann darf winken,

Und Demant und Juwel, entfärbend sich,

Aus deines Königs stolzer Krone sinken,

Der dich auch treten kann, so wie du mich.

 

 Braus't hoch zu Roß dahin, im Goldesschimmer,

In Purpur wallend, schwingend das Panier!

Ich lieg' im Koth und weiß, ihr seid nicht immer

So stolz und bückt euch noch herab zu mir.

 

 Entfalt', o Christensaat, dein Prunkgefieder

Und schlag' dein schimmernd Farbenrad als Pfau!

Des Regenbogens Leuchten spiegle wider,

Des Sternenhimmels Funkeln gib zur Schau!

 

 Gern mag der Pfau im Sonnenglanz sich blähen,

Doch schämt er seines eklen Fußes sich.

Ich bin der Fuß, magst ihn mit Scham besehen,

Doch trägt nur er dein Prunkgebäud' und dich!

 

 Und beugt der Unsern Einer auch dem Quelle

Sein Haupt zur Weih' in Eures Glaubens Bund,

Meint ihr, ihn lockt des Paktol's reinre Welle?

Ich mein', er ahnt das Körnlein Gold's am Grund!

 

 Ha, jauchze nur, o Petrus, wenn gelungen

Solch Fischzug oft dem Netz in deiner Hand!

Denk' an das Krokodil und seine Jungen,

Die heimisch auch zu Wasser und zu Land!

 

 Und gönnst du, Christ, uns einst auch deine Fluren,

Gibst du uns Freiheit, Recht, Gesetz zurück,

Ein Krieg, den die Jahrtausende sich schwuren,

Den endigt nicht ein Friedensaugenblick!

 

 Hier ist mir wohl! Hier sind wir gleich, wir Beiden,

Verschmäht, getreten gleich, in diesem Land!

Doch unter'm Tritte selbst des schnöden Heiden

Reich' ich dir nicht zum Frieden meine Hand!

 

 Genug der Rast! Wie labt des Schlummers Bronnen!

Laßt sehn, wie die Geschäft' am Grab dort stehn.

Kauft Goldmonstranzen, Rosenkranz, Madonnen!

Kauft Kreuze, schmucke Kreuze, blank und schön!«

 

4

 Und wieder sah der Herr vom Oelberg nieder;

Ein Ostermorgen glänzt aufs Thalgefild!

Ihn grüßen keine Glocken, keine Lieder,

In Lüften nur wehn Festesschauer mild.

 

 Noch strahlt der Halbmond von den Zinnen allen,

Fest wie ein Aetherbild, siegreich und klar;

Doch auch das Kreuz am Grab ist nicht zerfallen,

Und nicht gewichen seiner Mönche Schaar.

 

 Doch nimmer treue Doggen sinds, umkreisend

Als Wächter ihres Herren Leichenstein;

Schakale nur, die Zähn' einander weisend,

Sich würgend um ein Grab und Todtenbein.

 

 Zersplittert in des Wahnes Sekten, fachten

Statt Friedenslampen Hassesgluth sie an;

Nie fochten Kreuz und Mond so blut'ge Schlachten,

Als hier der braun' und graue Kuttenmann!

 

 Altar und Kanzel werden Schanz' und Vesten,

Feldlager ist der Dom, drin kampferglüht

Roms Mönch im Norden steht, der Kopt' im Westen,

Der Griech' im Ost, Armenier im Süd.

 

Des Pascha drohend Antlitz muß es wahren,

Daß nicht ihr Blut besudle den Altar:

Gebietend hält der Stock des Janitscharen

In Eintracht hier der Friedenslehrer Schaar.

 

 Dort in dem Klostergarten, rings umfangen

Von breiten Mauern, wie von Schanzen wohl,

Als ob vor eines Feindes Sturm sie bangen,

Berennend ihre Rosen, ihren Kohl;

 

 Dort liegt ein greiser Mönch auf seinen Knieen,

Mit weißem Bart, vom Morgenwind umweht,

Und zwischen Rosen, die vor Andacht glühen,

Wetteifernd sprießt gen Himmel sein Gebet:

 

 »Schön seid ihr, der Provence grüne Thale,

Mein Heimatland, mir oft im Traum gegrüßt,

In das, gleichwie in eine goldne Schale,

Der Reben Born von sonn'gen Hügeln fließt;

 

 Auf das des Oelbaums grüne Wälderkrone

Sich wie ein Kranz des ew'gen Friedens legt;

An dessen Herzen laut in hellem Tone

Der volle Pulsschlag frischer Quellen schlägt!

 

 Ihr Haine von Orangen und Granaten,

Du grüne Trift, du farbig Blumenried!

Du endlos Gartenland, voll reicher Saaten,

Du wonnig Erbreich von Musik und Lied!

 

 Doch schöner sind, o Zion, deine Thale,

Ein Hymnus aus Gestein, der schweigend klingt,

Wo schwebend über Schutt und Trauermale

Der Todesengel Hallelujah singt!

 

 Ja, schöner ist dein fahl Gefild, zertreten

Vom Tritte der Geschlechter, die's durchwühlt,

Stumm wie die Lippen des Anachoreten,

Durch deren Ernst kein leises Lächeln spielt.

 

 Ja, schön bist du, wie einer Mutter Leiche,

Ans Herz das Kreuz geschmiegt noch goldesklar!

Noch strahlt ein Ahnen durchs Gesicht, das bleiche,

Daß einst ihr Schooß der Welt Geschick gebar!

 

 Und freudig soll mein morsch Gebein versinken

Einst in dein graues Leichentuch, o Thal,

Säh' nur mein brechend Auge wieder blinken

Von allen Zinnen hoch des Kreuzes Strahl!

 

 Und ließest du auf allen Bergen wieder,

Herr, deine Oriflamme siegreich stehn,

Der Glocken Klang, der Christenpilger Lieder

Anstatt der Blumen übers Grab mir wehn!

 

 Zwar als du jüngst in deiner Gottheit Schöne

Im Traum mir nah, rief donnergleich dein Zorn:

Hinweg, Unwürd'ge, ihr der Zwietracht Söhne,

Nicht fürder schändet hier des Friedens Born!

 

 Ich pflanzte, reichen Schirms sich zu entfalten,

Einst meinen Fruchtbaum in den Erdenhain;

In tausend Aeste habt ihr ihn zerspalten,

Und jeder Zweig will selbst ein Baum nun sein!

 

 Es loosten, als sie sahn am Kreuz mich ragen,

Um mein Gewand die Söldner unverweilt;

Doch ruchlos habt ihr selbst mein Grab zerschlagen

Und frech in seine Trümmer euch getheilt!

 

 Ihr, die in meinem Dom um eine Stufe,

Um eine Pfort' ihr wild in Hader schwellt,

Wißt, daß der Erdball rings zu mir die Stufe,

Und meine Pforte rings die weite Welt!

 

 Ihr, die ihr um ein Altarlämpchen streitet,

Ihr Blinden ahnt in eurer Nacht es kaum,

Daß, meines Lichtes voll, sich glänzend breitet

Rings um und über euch der Erde Raum!

 

 Gewürm, bleib' an den morschen Steinen kleben,

Und nage fort an moderndem Gebein!

Mein Wort, es quillt lebend'ges, volles Leben,

Und nicht gefesselt ist's an todten Stein!

 

 So sprachst du, Herr. Doch was mein Aug' in Thränen

Längst von dir flehte, hast du jetzt gesandt!

Es baute kühn ein Heer von Gottfrieds Söhnen

Sich Zelte in der Pharaonen Land!

 

 In ihrem Blick die alte Schlachtenweihe,

Ums Haupt des alten Ruhmes Widerschein,

In Arm und Brust die alte Kraft und Treue!

Da wird wohl auch der alte Glaube sein!

 

 Heiß glüht die Sonne! Doch ihr Haupt zu kühlen,

Gebricht's an frischen Siegespalmen nie.

Des Nilstroms Katarakte stäubend spülen

Des neuen Ruhmes Taufe über sie.

 

 Dort steht der Feldherr auch! – Meint ihr, es biete

Hesperiens Gartenland ihm Kränze nur?

O seht, wie jetzt, sein Haupt zu kränzen, blühte

Als Lorberwald Sahara's sand'ge Flur!

 

 Du hast, o Herr, ihm in den Arm gegossen

Von deiner Kraft, die Lebans Cedern bog,

Du hast sein Haupt mit deinem Geist umflossen,

Der einst in Flammenzungen niederflog!

 

 Ich weiß es, seines Degens Feuerruthe

Schwang über Murad Bei allein er nicht,

Und mit des Mamelucken Uebermuthe

Geht nicht allein sein Zürnen ins Gericht.

 

 Ich weiß, als Straße nur zu Zions Thale

Liegt ihm die Wüste vor den Augen da;

Ich weiß, der Pyramiden Riesenmale

Sind ihm die Staffeln nur zu Golgatha!

 

 Da wird einst stehn, den Halbmond zu den Füßen,

Das goldne Kreuz hoch in der Hand, der Held,

Die graue Flur den grauen Mantel grüßen:

Er deckt, wie sie, die Größe einer Welt!

 

 Auf Golgatha läßt ruhn er seine Aare

Ums Kreuz, des Sieg den schönsten Kranz ihm gab.

Die andern Kränze nimmt er aus dem Haare

Und legt sie nieder aufs befreite Grab!«

 

 So sprach der Mönch. Und horch, die fernen Hügel

Erdröhnen dumpf, wie eh'rner Heere Gang;

Und horch, in Lüften rauscht's wie Adlerflügel,

Wie ferner Waffenhall und Schlachtgesang.

 

 Ja, seine Heere sind's! – Doch raschen Zuges,

Im Siegesglanz, ziehn sie vorbei, vorbei!

Ja, seine Adler sind's! – Doch stolzen Fluges

Rauscht ihres Fittigs Schlag vorbei, vorbei!

 

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 Und Ostern wird es einst, der Herr sieht nieder

Vom Oelberg in das Thal, das klingt und blüht;

Rings Glanz und Füll' und Wonn' und Wonne wieder,

So weit sein Aug' – ein Gottesauge – sieht!

 

 Ein Ostern, wie's der Dichtergeist sieht blühen,

Dem's schon zu schaun, zu pflücken jetzt erlaubt

Die Blüthenkränze, die als Kron' einst glühen

Um der noch ungebornen Tage Haupt!

 

 Ein Ostern, wie's das Dichteraug' sieht tagen,

Das über'm Nebel, der das Jetzt umzieht,

Die morgenrothen Gletscherhäupter ragen

Der werdenden Jahrtausende schon sieht!

 

 Ein Ostern, Auferstehungsfest, das wieder

Des Frühlings Hauch auf Blumengräber sä't;

Ein Ostern der Verjüngung, das hernieder

Ins Menschenherz der Gottheit Athem weht!

 

 Sieh, welche Wandlung blüht auf Zions Bahnen!

Längst hält ja Lenz sein Siegeslager hier;

Auf Bergen wehn der Palmen grüne Fahnen,

Im Thale prangt sein Zelt in Blüthenzier!

 

 Längst wogt ja über all' den alten Trümmern

Ein weites Saatenmeer in goldner Fluth,

Wie fern im Nord, wo weiße Wellen schimmern,

Versunken tief im Meer, Vineta ruht.

 

 Längst über alten Schutt ist unermessen

Geworfen frischer Triften grünes Kleid,

Gleichwie ein stilles, freundliches Vergessen

Sich senkt auf dunkler Tag' uraltes Leid.

 

 Längst stehn die Höhn umfahn von Rebgewinden,

Längst blüht ein Rosenhag auf Golgatha.

Will jetzt ein Mund den Preis der Rose künden,

Nennt er gepaart Schiras und Golgatha.

 

 Längst alles Land weitum ein sonn'ger Garten;

Es ragt kein Halbmond mehr, kein Kreuz mehr da!

Was sollten auch des blut'gen Kampf's Standarten?

Längst ist es Frieden, ew'ger Frieden ja!

 

 Der Kedron blieb. Er quillt vor meinen Blicken,

Ins Bett von gelben Aehren eingeengt,

Wohl noch als Thräne, doch die dem Entzücken

Sich durch die blonden, goldnen Wimpern drängt!

 

 Das ist ein Blühen rings, ein Duften, Klingen,

Das um die Wette sprießt und rauscht und keimt,

Als gält' es jetzt, geschäftig einzubringen,

Was starr im Schlaf Jahrtausende versäumt.

 

 Das ist ein Glänzen rings, ein Funkeln, Schimmern

Der Städt' im Thal, der Häuser auf den Höhn;

Kein Ahnen, daß ihr Fundament auf Trümmern,

Kein leiser Traum des Grabs, auf dem sie stehn!

 

 Die Flur durchjauchzt, des Segens freud'ger Deuter,

Ein Volk, vom Glück geküßt, an Tugend reich,

Gleich den Gestirnen ernst zugleich und heiter,

Wie Rosen schön, wie Cedern stark zugleich.

 

 Begraben längst in des Vergessens Meere,

Seeungethümen gleich in tiefer Fluth,

Die alten Gräu'l, die blut'ge Schergenehre,

Der Krieg und Knechtsinn und des Luges Brut.

 

 Auf Golgatha, in eines Gärtchens Mitte,

Da wohnt ein Pärlein, Glück und Lieb' im Blick;

Weit schaut ins Land, gleich ihrem Aug', die Hütte,

Es labt ja Glück sich gern an fremdem Glück!

 

 Einst, da begab sich's, daß im Feld die Kinder

Ausgruben gar ein formlos, eisern Ding;

Als Sichel däucht's zu grad' und schwer die Finder,

Als Pflugscharr fast zu schlank und zu gering.

 

 Sie schleppen's mühsam heim, gleich selt'nem Funde,

Die Eltern sehn es, – doch sie kennen's nicht,

Sie rufen rings die Nachbarn in der Runde,

Die Nachbarn sehn es, – doch sie kennen's nicht.

 

 Da ist ein Greis, der in der Jetztwelt Tage

Mit weißem Bart und fahlem Angesicht

Hereinragt, selbst wie eine alte Sage;

Sie zeigen's ihm, – er aber kennt es nicht.

 

 Wohl ihnen Allen, daß sie's nimmer kennen!

Der Ahnen Thorheit, längst vom Grab verzehrt,

Müßt' ihnen noch im Aug' als Thräne brennen.

Denn was sie nimmer kannten, war ein Schwert!

 

 Als Pflugscharr soll's fortan durch Schollen ringen,

Dem Saatkorn nur noch weist's den Weg zur Gruft;

Des Schwertes neue Heldenthaten singen

Der Lerchen Epopee'n in sonn'ger Luft!

 

 Einst wieder sich's begab, daß, als er pflügte,

Der Ackersmann wie an ein Felsstück stieß,

Und, als sein Spaten rings die Hüll' entfügte,

Ein wundersam Gebild aus Stein sich wies.

 

Er ruft herbei die Nachbarn in der Runde,

Sie sehn sich's an, – jedoch sie kennen's nicht!

Uralter, weiser Greis, du gibst wohl Kunde?

Der Greis besieht's, – jedoch er kennt es nicht.

 

 Ob sie's auch kennen nicht, doch steht's voll Segen

Aufrecht in ihrer Brust, in ew'gem Reiz,

Es blüht sein Same rings auf allen Wegen;

Denn was sie nimmer kannten, war ein Kreuz!

 

 Sie sahn den Kampf nicht und sein blutig Zeichen,

Sie sehn den Sieg allein und seinen Kranz!

Sie sahn den Sturm nicht mit den Wetterstreichen,

Sie sehn nur seines Regenbogens Glanz!

 

 Das Kreuz von Stein, sie stellen's auf im Garten,

Ein räthselhaft, ehrwürdig Alterthum,

Dran Rosen rings und Blumen aller Arten

Empor sich ranken, kletternd um und um.

 

 So steht das Kreuz inmitten Glanz und Fülle

Auf Golgatha, glorreich, bedeutungsschwer:

Verdeckt ist's ganz von seiner Rosen Hülle,

Längst sieht vor Rosen man das Kreuz nicht mehr.

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